Die Lausitz ist Sorbenland und zweisprachig. Die radelnde Gurke ist international verständlich, was sie aber auch nicht logischer macht.

Ostern = Feiertage = freie Tage = Kurzurlaub. Mich hat die Radreiselust schon lange im Griff, insbesondere seit ich auf Instagram den Fernreisenden folge,  und der Mann hat auch mal wieder Lust auf ein Türchen/Tourchen. Weil wir am Karfreitag Termine in Berlin haben, beginnen wir unsere Tour halt dort. Angedacht ist Dresden als Ziel, weil wir von da einigermaßen zuverlässig wieder mit dem Zug heim kommen. Der ADFC empfiehlt für Berlin-Dresden eine gut ausgeschilderte Tour, der wir folgen wollen.

Tag 1: Köpenick bis Lübbenau

In Köpenick beginnt unsere Reise mit dem Dahmeradweg, der dort endet. Er führt uns durch so noblige Gegenden wie Grünau oder Schmöckwitz. Immer wassernah und rudersportgeprägt. Dann durch Königs Wusterhausen und bis Märkisch Buchholz. Meist geradeaus, gut ausgeschildert und ohne großen Kopfeinsatz zu fahren. In größeren Orten leitet uns der Radweg ab und zu weg von der Hauptstraße, was unweigerlich zu Kopfsteinpflasterreiten führt. Ich stelle mir Paris-Roubaix vor und alles ist nicht mehr so schlimm. 

In Märkisch Buchholz verlassen wir den Dahme-Radweg, folgen kurz einem anderen Radweg, dessen Namen ich leider vergessen habe, um dann kurz darauf den Gurken-Radweg zu finden. Ein Weg, den ich unbedingt in meine Sammlung aufnehmen wollte. Auch wenn der Mann darüber nur mit dem Kopf schüttelt. Leider entpuppt sich der Gurken-Radweg zwar als landschaftlich äußerst reizvoll, lässt sich jedoch nicht besonders gut fahren. Quasi Single-Trail, Sandwege, Schotter. Schon recht gurkig. Es geht lange Strecken durch den Wald, immer geradeaus. Nur selten mit Erhebungen. Einfach nur treten. Das hilft auch, das Wetter zu vergessen. Nass und kalt ist es die meiste Zeit. Aber weil wir das ja freiwillig machen, jammern wir nicht (sehr).

Und dann scheint ja auch irgendwann die Sonne, zumindest ein bisschen. In Schlepzig sehen wir die ersten Spreewaldkähne, der Mann bekommt sein Radelbier und ein sehr plötzliches Gewitter haut uns die Graupel um die Ohren. Gut, dass wir gerade einen Unterstand haben. Die Spreewaldkahnfahrerin stellt sich mit uns unter und erzählt Wissenswertes über den nördlichen Spreewald, seine Kanufahren und den Tourismus.

Dank Internet haben wir inzwischen auch Quartier klar gemacht, und zwr in Lübbenau. Das Tagungszentrum des örtlichen Energieversorgers vermietet am Wochenende an Normalleute und wir sehen, mit welchem Komfort Energieleute geschult werden. Der Rest des Tages: Ankommen nach 94 km, elektronischen Schlüsselkasten überlisten, weil die Rezeption schon heim gegangen ist, Duschen, beim  Asiaten über die Straße Hunger stillen und Schluss für heute.

Tag 2: Lübbenau bis Elsterwerda

Heute ist Spreewaldromantik angesagt. Weiter auf dem Gurken-Weg kommen wir durch Lehde und Leipe, zwei Museumdörfer, wo auch mal richtig viele Leute auf einem Haufen sind, mindestens drei Busse voll Touristen. Einige Individualreisende und tatsächlich ein paar Kanuten und Paddler auf dem Wasser. Ansonsten empfinde ich dieses Land,  wie letztes Jahr auch,  als leer. Menschenleere Landschaft, wenig Dörfer, kaum jemand  unterwegs, leere Straßen. Erholsam für mich als Touristin. Wir genießen es.

Heute ist es auch an der Zeit, sich über den Rest des „Urlaubs“ Gedanken zu machen. Dass wir es heute nicht bis Dresden schaffen, wird schnell klar. Dafür ist der Wind zu stark. Auch wenn er kein direkter Gegenwind ist, stört er doch etwas das zügige Fortkommen. Außerdem weht der Wind immer mal wieder sehr dicke schwarze Wolken über uns und wir müssen anhalten, entweder um das grandiose Panorama zu fotografieren, oder um den Regen- oder Graupelschauer abzuwarten, oder um die Regensachen mal wieder an- oder auszuziehen. Das machen wir heute mehrmals.  Also kein Dresden heute. Was dann? Senftenberg in der Niederlausitz liegt auf unserem Weg. Wir kreuzen eine große Bahnlinie und hegen die Hoffnung, dass wir von Senftenberg aus schnell nach Dresden kommen, dort die Nacht verbringen und am nächsten Tag sogar noch Zeit für Sightseeing haben. Die Realität ist aber eine andere: Senftenberg ist ostorientiert. Bahnverbindungen gibt es nur nach Cottbus oder Berlin. Richtung Westen geht nichts. Hmm, wahrscheinlich historisch bedingt. Wir befragen unsere diversen Apps und beschließen nochmal vierzig Kilometer weiterzuradeln nach Elsterwerda, dem südwestlichsten Zipfel Brandenburgs. Von dort fahren auch wieder Züge gen Westen.

Der Radweg von Senftenberg nach Elsterwerda führt durch ehemaliges Bergbaugebiet, wie auch schon um Senftenberg herum. Immer wieder Seen in unterschiedlichen Farben, Naturschutzgebiete, aber rechts und links warnen Schilder vor Lebensgefahr. Auwei. Ich bemühe mich noch einmal extra darum, nicht vom rechten Weg abzukommen. Nach 104 Kilometern Tagesleistung, von denen gefühlte zwanzig schnurgerade neben der ebenfalls schnurgeraden Schwarzen Elster entlangführten, erreichen wir Elsterwerda. Die Gesichter rot von Wind und Wetter und ein bisschen Sonne. Und die Ohren taub vom Wind und dem Quietschen der Ketten. Die Räder freuen sich auch auf eine ordentliche Wellness-Behandlung daheim. Der brandenburgische Sand schiebt sich wirklich in alle Ritzen.

Das Hotel hat ein angegliedertes Restaurant, das jedoch kurz vor unserer Ankunft den Tag beenden wollte, mangels Gästen. Die Wirtsleute zeigen jedoch Erbarmen. Sie schicken uns zum Duschen und kochen uns derweil noch was Gutes. Sind wir dankbar!

Tag 3: Elsterwerda – München

Laut Plan soll es in drei Zügen und sieben Stunden zu schaffen sein. Der erste Zug fährt schon mal planmäßig. Umstieg in Chemnitz auch gut. Im Zug erfreut uns ein Pärchen mit Trance-Musik aus einem Lautsprecher. Nicht ganz mein Geschmack, aber ich bin ja derzeit noch urlaubsentspannt. Im dritten Zug haben wir Glück, dass a) der ALEX in Hof erst startet und somit noch nicht so voll ist und wir b) im zunächst unattraktiven Fahrradwaggon sitzen. Sehr schnell wird der Zug sehr voll. Wir sehen Karawanen hin und her wandern auf der Suche nach einem Plätzchen, während wir auf unseren harten Klappstühlen neben unseren Rädern sitzen. Wir sind zufrieden. In München springen wir noch schnell beim Italiener auf eine Pizza rein und schließen somit den Urlaub würdig ab.

5 Gedanke zu “Dahme, Gurken und Bergbau”
  1. Wow! Das nenne ich mal aktiven Kurzurlaub. Ostern perfekt ausgenutzt würde ich sagen. Cool.
    Einen Gurkenradweg ist übrigens echt toll. Den würde ich auch sofort benutzen. Und dann noch so wunderbar beschildert. Hammer!
    Danke, dass Du mich irgendwie „mitgenommen“ hast. 🙂
    Viele Grüße,
    Claudi

    1. Hallo Claudi, bitte gern geschehen 🙂 Und freut mich, dass du die Reise im Warmen und Trockenen mitmachen konntest, da macht es mehr Spaß. Die Radwegbeschilderung in Brandenburg ist wirklich hervorragend, verfahren ist wirklich nur mit großem Mutwillen möglich. Jeder Schildermast hat mindestens vier bunte Bildchen von Radwegen. Neben der Gurke war manchmal auch ein Radweg mit Teufelchen ausgeschildert. Keine Ahnung, wo der hinführt. Wahrscheinlich direkt in die Hölle. 🙂

  2. Liebe Alexandra,
    Hut ab, dass ihr euch bei diesen Wetterprognosen auf Fahrt begeben habt! 🙂 Aber dein Bericht beweist, dass schöne Erlebnisse unabhängig davon passieren! 😀
    Solche Beiträge machen mir wirklich Lust aufs Radwandern!

    1. Ich könnte jetzt was von „es gibt kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung“ erzählen, aber das wäre nur die halbe Wahrheit. So eine Tour macht nur halb so viel Spaß, wenn es regnet und einem das Wasser vom Helm tropft, die Schuhe irgendwann nass sind, die Autos durch die Pfützen neben einem breschen ohne Rücksicht auf Verluste, wenn die Wege so aufgeweicht sind, dass man nicht ordentlich fahren kann, wenn Pausen abgekürzt werden müssen, weil einem kalt wird, wenn die Fahrräder total versandet sind und ganz erbärmlich quietschen. Solche Sachen schreibe ich natürlich nicht so gerne, weil wir ja positiv denken wollen und weil die Erinnerung an nicht so schöne Stunden mit jedem Sonnenstrahl, mit jedem Rückenwindstoß und mit jedem Gurkenschild verblasst.

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