Dieses Jahr wird eingehen in meine Geschichte als das Jahr der Urlaube. Kaum zwei Wochen zuhause und schon wieder auf Achse.

Diesmal vier Tage in der Moseleifel, wie ein rühriger Tourismusverband die Region zwischen Eifel und Mittelmosel neuerdings nennt. Vor mehr als dreißig Jahren machte ich in Wittlich Abitur und das soll gefeiert werden. Also spendiere ich ein paar meiner zahlreichen Überstunden, verlängere das Wochenende um zwei Tage und nehme mein Radel mit.
Am ersten Tag will ich Moselradweg machen. Also steige ich schon eine Station vor Wittlich aus dem Zug und radele den Rest, mit einem kleinen Umweg, nämlich die Mosel entlang, dem Prototypen des Umwegs. Der Moselradweg ist wahrlich ein Premium-Radweg: erstklassige Beschilderung, klasse Bodenbelag und die nötige Infrastruktur wie Cafés, Pensionen und Ladestationen für E-Bikes. Der Radweg ist ganz schön voll für einen Donnerstag Nachmittag. Und wie zu erwarten sind es die Rentner, die den Großteil der Klientel ausmachen. Wieder komme ich mir vor wie ein Eindringling in eine fremde Welt. Eine Welt, die sich entfaltet, wenn alle Sommerferien zu Ende sind, wenn die Mittelalten mir ihren Kindern zuhause ihrem Alltag nachgehen. Dann kommen die Ungebundenen, erobern die Straßen, Pensionen und Restaurants für sich. Vielleicht gibt das ja einen Stoff für einen Roman ab?

In Lieser mündet die Lieser in die Mosel und der Maare-Mosel-Radweg (MMR) beginnt, d.h. eigentlich endet der hier, denn per Namensgebung und durch Geographie und regelmäßige Pendelbusse unterstützt, ist die vorherrschende Radelrichtung aus der Eifel hinunter an die Mosel. Der MMR läuft auf einer ehemaligen Bahnstrecke und dadurch ganz oft außerhalb der Dörfer durchs Grün und entlang der Lieser. Wunderschön! Nach 65 Kilometern komme ich in Wittlich im Hotel an. Leider etwas nass, weil mich das Gewitter doch noch eingeholt hat. Das war die erste Tour.

Am nächsten Tag nehme ich den restlichen Teil des MMR in Angriff. Rauf in die Eifel bis Daun. Weil der Schienenbus damals auch nicht so top in Form war, ist seine Trasse so flach wie möglich gehalten. Das kommt mir entgegen, trotzdem schnaufe ich ganz schön den Berg hoch. Es ist anstrengend, aber überhaupt nicht unmöglich. Zumal nur die ersten fünfzehn Kilometer so richtig knackig hoch gehen. Die Tunnel sind toll zu fahren. Inzwischen beleuchtet, waren Sie jedoch einst das erste wahre Dunkelereignis meiner Kindheit. Als die Bahnlinie schon stillgelegt war, gingen wir auf den Gleisen durch den Tunnel, und wenn der um eine Kurve geht, ist es richtig dunkel.

In Daun angekommen, nach gut zwei Stunden und 38 km, gibt es das obligatorische Stück Kuchen und aus der Apotheke nebenan eine Tube Traumeel. Vor Abfahrt stolperte ich nämlich ein wenig und verdrehte mir mein Aua-Knie. War wirklich nicht viel, aber dieses Knie verträgt auch nicht viel. Der Anstieg war too much.
Ich schmiere also das Knie fett mit Traumeel ein und mache mich auf den Heimweg. Geht ja nur noch bergab, was rechnerisch und im Mittel stimmt, sich in echt jedoch ganz anders anfühlt. Mein linkes Bein übernimmt die ganze Arbeit, während das rechte eine Position sucht, die nicht schmerzt. So rolle ich die meisten Abfahrten meist nur anstatt nochmal richtig Stoff zu geben. Mist, so hatte ich mir diese geile Abfahrt nicht vorgestellt. Irgendwann bin ich dann aber wieder in Hotel, regeneriere und freue mich auf die Abifeier am Samstag.
Beziehungsweise Samstag und Sonntag, denn ich bin am Sonntag früh erst um drei im Bett. Als ich beim Frühstück ein paar sehr zerstörte Gestalten sehe, freue ich mich, dass ich die Feier weitgehend alkoholfrei überstanden habe. So bin ich nur müde und nicht auch noch verkatert. Und deshalb nehme ich mir nochmal ein paar Kilometer vor. Durch die Wittlicher Senke und bei Zeltingen-Rachtig über den Berg treffe ich die Mosel wieder, und zwar gerade mal eine Schleife weiter als ich sie verließ am Donnerstag. Der Form halber wäre ich diese Schleife schon auch gerne gefahren, aber das hätte mich wohl eine Stunde gekostet und dann hätte ich den Zug in Bullay nicht erwischt.
Ich gondel also durch die Weinberge, freue mich an den vollen Trauben und den schönen Aussichten, stelle mir vor, wieviel farbiger die Szenerie in zwei drei Wochen sein wird. Und das Treffen mit den alten Klassenkameraden und – innen und deren Geschichten muss ich auch noch ordentlich verarbeiten. Für sowas ist Radeln ja wirklich gut. „Meditation in motion.“
Jetzt befinde ich mich auf der Heimreise. Sieben Stunden in drei Zügen und ich bin wieder daheim. Hoffentlich.
Links:
- Moselradweg
- Maare-Mosel-Radweg
- Moseleifel Tourismusverband
- Meine Touren auf Strava: Tag 1 Schweich-Wittlich, Tag 2 Maare-Mosel-Radweg, Tag 3 Wittlich-Bullay