Anm. d. Red.: Erst als mir dieser schöne Stabreim heute einfiel, konnte ich den Beitrag veröffentlichen.

Tag 5: London – Chertsey 55 km

London also. Die Stadt, in die ich seit Jahren versuchte zu kommen (immer war was, zuletzt so ne Pandemie), fühlt sich vor Ort gut an. Am vorherigen Abend traf ich mich mit zweien von daheim, von denen ich auf Facebook las, das sie auch in der Stadt sind. Gemeinsam haken wir ein paar der Must-Sees ab und ich esse meinen dritten Veggie Burger in diesem Land.

Zurück im Hotel möchte ich meinen Aufenthalt um eine Nacht verlängern. Ich solle es über die App machen. Die App will allerdings 50 £ mehr für das selbe Zimmer. Pff, dann halt nicht.

Pflichtbewusst und weil es eh auf dem Weg liegt, suche ich mir den Weg zu Trafalgar Square, Mall und Buckingham Palace. Alles kaum zu sehen ob der Menge an Menschen. Die Einheimischen haben ein langes Wochenende, die Deutschen Pfingstferien und der Rest bestimmt auch einen Grund genau heute hier zu sein.

Eine von vielen, aber hübsch dekoriert hamses hier

Zwischen dem Palast und Big Ben merke ich, dass diese Protected Bikelanes nicht nur vor Autos sondern auch vor Reisegruppen ganz gut schützen. Hinterm Big Ben finde ich die Zahl, die mich ab jetzt leiten wird, die Vier. Diese National Cycle Route soll mich bis Bath bringen. Aber erstmal an der Themse raus aus der Stadt.

Weiter gen Westen wird es gemütlicher und schicker. In Putney entdecke ich ein kleines Café und ich erinnere mich an einen der Leitsätze, die ich mir für diese Reise in mein Reisebuch geschrieben habe: Du hast Zeit, es ist kein Rennen! Ok, dann ne Cuppa Tea.

Tea und Muffin in Putney

Ja, ich musste mir das aufschreiben, weil ich mich gerne selbst hetzen lasse und zwar von unrealistischen Zielen. Ich vergleiche mich mit den Leuten, die mal eben 500km in 24 Stunden abreißen, oder andere Wahnsinnsritte hinlegen. Oder ich vergleiche mich mit meinem 2016er Ich als ich über 3 Wochen durchschnittlich 80 km täglich gefahren bin, oder mein 2019er Ich am HanseGravel, oder noch 2020 die 136 km an der Oder. Sowas schaffe ich derzeit nicht. Und das muss in meinem Kopf ankommen, damit ich den Rest der Reise genießen kann. Die Tasse Tee hilft dabei.

Also weiter das Thamse Valley hoch. Die Stadt hat Platz gemacht, und plötzlich befinde ich mich auf einer riesigen Wiese mit einem Rehrudel und wunderbaren Rennradrennstrecken, die auch ordentlich frequentiert sind.

Richmond Park: Rehe und Radel

Kingston als nächster Ort scheint so ein Ausflugziel zu sein wie vielleicht Starnberg bei uns, unendlich viele Menschen spazieren auf den Uferwegen oder lümmeln sich auf den Wiesen oder den Booten. Überall riecht es nach frisch gerauchtem Gras. Mir ist auch schon ganz schwummrig. Mein Ziel für heute ist der Campingplatz in Chertsey, dessen Spezialitäten ein Imbisswagen (Veggie Burger ist aus), eine Autobahn und die Einflugschneise von Heathrow sind. Dafür waren die Duschen klasse.

Kingston-upon-Thamse

Tag 6: Chertsey – Reading 60 km

Am nächsten Morgen ist mein Handy/Navi leer und ich weiß nicht genau, wo meine Route 4 weitergeht. Die Leute an der Rezeption sind aber bemüht, und es stellt sich raus, sie ist gleich um die Ecke. Glück gehabt. Jetzt muss ich ein paar Kilometer treten, um das Handy wieder mit Strom zu versorgen. Schön nachhaltig, gell?

Nächster Meilenstein ist Windsor. Auf dem Weg dahin werden alle Häuser rechts und links des Flusses größer, manche erreichen auch Schlossgröße, und die Gärten gepflegt und in voller Blüte. Das ist schon eher die feinere Gegend hier. Plötzlich stehe ich vor einem Gartentürchen und werde gebeten abzusteigen, weil die nächsten 160 Yards des Weges durch private Gärten führen. Ehrfurchtsvoll schiebe ich das Rad durch die Zone: links der Fluss, dann ich und rechts die Anwesen.

Da hat es schon fast etwas Tröstliches, dass die Windsors daheim das selbe Problem haben wie ich in der Nacht zuvor: Flugzeuge die minütlich im Sinkflug über das Schloss donnern.

Flieger überm Schloss Windsor

Ein bisschen Schloss hinter Bäumen und ein putziges Städtchen drumherum, mehr muss ich nicht sehen von Windsor. Ich suche meine Vier, finde sie und radel weiter gen Reading.

Zahlen suchen und finden

Die Einfahrt nach Reading ist nochmal eine Herausforderung, bei der mein kleiner Spiegel am Lenker zu Bruch geht. Dann erreiche ich doch irgendwann die Innenstadt und mein Hotel (endlich nicht frieren in der Nacht). Schneggi übernachtet in einem Meetingraum und ich in einem Bett.

Tag 7: Reading 0 km

Ruhetag. Spontan eingelegt. Hier hat die App tatsächlich für die zweite Nacht den selben Preis aufgerufen wie für die erste

Zwischendurch dachte ich, ich besuche evtl. Kolleg*innen hier, aber das hieße nochmal etliche Kilometer durch diese Stadt und dafür war ich nicht bereit. Also tatsächlich Ruhetag.

3 Gedanke zu “Trudeln im Tal der Themse”
  1. Ach ja und dein Mantra sage ich mir jetzt immer vor, wenn ich einen (Tages)ausflug plane. Damit die 250km Runden endlich von meiner Wochenendliste verschwinden! 😉
    lg

    1. 250km Runden mit Was? Laufend? radelnd? 😳
      Eigentlich war mein erster Leitsatz: Einen Scheiß muss ich. Aber das ist ja nicht so fein. …

      1. Haha! Der Erste gefällt mir aber auch SEHR gut! 😀
        Die 250km wären als Wochenendradausflüge gedacht. Laufend bezwinge ich momentan eher Distanzen um die 2,5km. 😉

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