Tag 8: Reading – Micheldever 65 km

Der Tag Faulenzen in Reading war fein und auch gut für den Vorrat an sauberer Wäsche. Nachdem ich mein Rad aus dem Besprechungszimmer befreit und wieder beladen habe, geht es weiter auf der Route Nummer Vier. Und wir wechseln Flüsse: die Themse verabschiedet sich nach Norden, und ich folge dem River Kennet. Kennet keiner außerhalb dieser Gegend, ist auch nicht so schlimm, ein kleiner Fluss halt. Hauptsächlich interessant ist er für Leute, die auf diesen Longboats leben. Von denen gibt es viele.

Der Radweg am Kennet ist ein kleiner Treidelpfad, mal mit Schotter, mal ohne. Mal mit Brennnessel-Einwuchs, mal ohne. Immer jedoch ohne Autos.

Und mit vielen Schleusen. Die sind hundert Prozent mechanisch zu bedienen, was nach harter Arbeit aussieht. An einer Schleuse mache ich Pause und schaue zwei Booten zu, wie sie sich durchschleusen. Und ich bekomme Lust, auch einmal so eine Zeit zu erleben, entschleunigt.

eine handbetriebene schleuse am river kennet
Schleuserinnen am Kennet

Neben den alten Schleusen gibt es auch noch Drehbrücken, wenn es unter Straßen durchgeht. Die sind aber elektrisch. An einer solchen Brücke, ist mein Weg plötzlich versperrt. Hinter wirklich gut verriegelten Zäunen sehe ich einen geil asphaltierten Weg. Am Zaun informiert ein Schild, dass es hier nicht weiter geht und ich möge mir eine alternative Route suchen. Hä?

Meine Karten sagen mir, dass das mit der alternativen Route gar nicht so einfach ist; große Umwege, egal in welche Richtung. Wahrscheinlich sind sie auf dem Schild auch deshalb so vage geblieben. Ich entscheide mich für den Schwenk nach Süden. Und irgendwie irgendwo irgendwann auf diesem Umweg kommt mir die Idee, meinen ursprünglichen Plan, an diesem Fluss bis Bath zu radeln, fallen zu lassen und jetzt sofort zum Meer zu radeln. Alexandra will Meer!

enge straße
Eine kleine Straße (landestypisch)

Ich entscheide mich für eine Mischung aus Route 23 und selbstgeplant. Ziel ist ein Campingplatz des Camping & Caravaning Clubs nördlich von Winchester. Die Details dieser Route kann ich gar nicht alle wiedergeben, die Reihenfolge verschwimmt in der Erinnerung. Es waren Abschnitte vollkommener Wildnis dabei, wo ich mich durch die Botanik kämpfen musste, hauptsächlich Brennesseln natürlich. Sehr enge und natürlich vielbefahrene Straßen mit null Ausweichmöglichkeit nach links, dafür aber dauernd steile Anstiege, die mich besonders langsam werden ließen. Ein Hoch an dieser Stelle an die Übersetzung des Rads: ich musste an diesen Straßen zum Glück nie schieben, was wirklich ungünstig gewesen wäre.

kleiner raum mit toilette und waschbecken
Minimalausstattung auf dem Campingplatz

Oft bin ich jedoch auf Bürgersteige ausgewichen, auch bergab, was vom Belag her und fürs Fortkommen eine Katastrophe war, aber immerhin dreißig Zentimeter mehr Abstand zu den Autos bot. Kurz vorm Ziel kam dann noch der Supergau in Form von fünf Kilometern auf sowas wie einer Autobahn. Danke für nichts, Google. Ich hab’s aber überlebt, den Zeltplatz erreicht, mein Zelt aufgebaut, die restlichen Mandeln gegessen, und bin eingeschlafen. Duschen gab es eh keine. Was für ein Tag.

Am nächsten Morgen meint Dave vom Campingplatz, ich hätte schlimm ausgesehen. Ich glaube es ihm.

Tag 9: Micheldever – Southampton 44 km

Dave erzählt mir auch noch ganz viel über Winchester und King Alfred, den alten Sachsen, und sonst noch lauter Lokalkram. Außerdem will er mich unbedingt in seinen Lieblingspub Coach & Horses lotsen. Vielleicht bekommt er Prozente? Ich schaue mir den Pub von außen an (sieht teuer aus) und kaufe mir mein Frühstück im Supermarkt gegenüber. Weiter geht’s nach Süden.

viele pflanzen versperren den weg
Public Footpath

Wieder habe ich so Abschnitte, die als Public Footpath ausgeschildert sind, aber mittendrin vollkommen zugewachsen sind. Ne Machete im Gepäck wäre gut.

In Winchester schaue ich Kathedrale, bin ein bisschen enttäuscht, und ruhe auf der Wiese davor aus, so wie es alle machen.

winchester cathedral seitenansicht
Winchester Cathedral – ohne Turm geht’s auch

Der restliche Weg ist anstrengend. Es ist heiß, die Hügel von Hampshire zahlreich, kurz aber steil und die Einfahrt nach Southampton erwartbar laut. Immerhin haben sie tatsächlich einen schön breiten Radweg entlang der Ausfallstraße, die mich zum Campingplatz bringt. Ich buche zwei Nächte.

frisch gewaschene wäsche an eine wäschespinne
Waschmaschine hat was

Tag 10: Netley 0 km

Waschtag, Mittagsschlaf, kleiner Spaziergang,