Tag 10: Southampton to Southbourne 52 km

Irgendwie dauert es immer lange morgens bis ich abfahrbereit bin. Schon das Auftauen nach der kalten Nacht gelingt erst, wenn gegen neun, halb zehn die Sonne stark genug ist das Zelt aufzuheizen. Und dann packen, Zelt abbauen. Ich bin einfach furchtbar langsam. So ist es oft elf oder zwölf bis ich loskomme. Und dann habe ich noch nicht gefrühstückt. So auch heute. Um Mittag rum sitze ich am Pier in Netley, esse Scones und Erdbeeren aus Kent.

Scones in Netley Hard

Danach verfahre ich mich ordentlich im anliegenden Victoria Park (ja, der ist groß genug dafür!) bis ich endlich wieder auf Spur bin. Die National Cycle Route 2 wird ab jetzt meine Begleiterin bzw. Leiterin sein.

Tatsächlich ist die Fahrt heute eine schöne. Entlang der Küste, es ist Sonntag, die Autos scheinen nicht so gestresst. Oder vielleicht sind auch die Leute hier Süden ein bisschen weniger hektisch und aggressiv drauf. Die Tour heute ist unterbrochen von vielen Pausen und immer mal wieder einer kurzen Fahrt mit einer Fähre. Diejenige über den Hamble ist winzig und pink.

Pink little Ferry

Die Fähre von Gosport nach Portsmouth ist größer, wie es sich für eine Stadt gehört. Die Stadt selbst gibt sich auch entspannt. Ich glaube, hier lohnte sich auch ein längerer Aufenthalt. A propos länger: die Strandpromenade bzw der Strand von Portsmouth ist auch sehr lang. Zum Glück mit Radweg. (Sorry wegen des Kalauers.)

Zuletzt noch die Fähre nach Hayling Island, die sich im Gegensatz zu den anderen an einen Fahrplan hält, und was bedeutet, dass ich eine gute halbe Stunde warten muss. Nicht weiter schlimm, denn ich hatte mich beim Campingplatz in Chichester mit genügend Puffer angemeldet.

Der letzte Teil entlang eines Sounds ist autofrei plus mit ordentlichen Kieswegen minus Brennesseln plus schöne Aussichten. Insgesamt so viele Plus, dass ich anfange meine aktuellen Abreisepläne zu überdenken.

Der Campingplatz vor Chichester ist wie gewohnt ordentlich. Duschen und Waschgelegenheit und alles für um die 11 Pfund. Kann man nicht meckern.

Tag 11: Southbourne O km

Im vorigen Campingplatz hatte ich mir ein Buch eingefangen und plötzlich packt mich die Leselust, was mir schon ewig nicht mehr passiert ist. Also null Kilometer, stattdessen 600 Seiten Science Fiction.

Tag 12: Southbourne – East Wittering und zurück 47 km

Ich habe auf dem Campingplatz verlängert, auch um mal ein bisschen ohne Gepäck zu fahren. Ziel ist Chichester und so ein preisgekrönter Strandabschnitt weiter südlich.

Chichester ist brilliant. Zwar hat deren Kathedrale auch keinen ordentlichen Turm, dafür haben sie ein gotisches Marktkreuz rumstehen vom Feinsten. Noch viel interessanter war es aber das Volk zu beobachten. Die Gentlemen mit Hut und breiten roten Hosenträgern, die Ladies mit Hut und Handschuhen. Und dann aus der jüngeren Generation der Typ im dunklen Anzug, dem überall großflächig Tattoos herausschauen. Hatte ich noch länger zusehen können, aber ich wollte ja Meer.

Chichester Market Cross

Die Nummer Zwei lotst mich entlang eines Kanals und auf kleineren Schlenkern Richtung Süden. Wenn ich nicht wieder einen Aussetzer in meinem eigenen inneren Kompass gehabt hätte, wären wir auch ein bisschen schneller da gewesen. Aber auch so erreichen wir den Strand und die obligatorische Fish & Chips-Bude. Ist schön. Bisschen zu viele Steine, um mal schnell ins Wasser zu gehen oder an der Wasserkante zu spazieren.

East Wittering Beach

Nachdem ich auf dem Hinweg schon ein bisschen mehr Kilometer verbraucht hatte als geplant, nehme ich für den Rückweg den geraden Weg, also die mittelgroße Straße, heim zum Campingplatz. Und auf diesen fünfzehn Kilometern, in denen ich wieder angehupt und fast gestreift werde, beschließe ich, dass dieser Urlaub jetzt dann für mich zu Ende ist. Brighton noch und Newhaven zur Fähre. Noch am selben Abend organisiere ich alles für die Heimreise.

Tag 13: Southbourne – Littlehampton mit dem Zug, Littlehampton – Brighton 36 km

Ein random Strandabschnitt

Noch immer angepisst von der letzten Fahrerfahrung gestern, nehme ich für eine Teilstrecke den Zug: von Nutbourne zur Endstation in Littlehampton. Der Zug ist pünktlich, Radmitnahme kostet nichts, finde den Unterschied zur DB.

Der restliche Weg entlang der Küste ist dann richtig schön. Mal über eine Wiese, die sich aber gut fahren lässt, mal über die örtliche Strandpromenade und ganz oft wurde der Radverkehr mitgedacht. Schön zu sehen, dass es doch noch Stadt- bzw. Verkehrsplanung jenseits des Autos hier gibt.

Ortsübliche Flora

Die Einfahrt nach Brighton macht auch Spaß, trotz des strammen Gegenwinds. Die Leute auf der Uferpromenade sind entspannt, streckenweise radel ich auf einer Protected Bikelane, und best of all, ich finde mein Hotel fast sofort.

So richtig wohl ist mir hier nicht.

Es ist eigentlich eines dieser schmalen Stadthäuser. Keine Chance, dass ich mein Rad aufs Zimmer kriege. Ich soll es vor dem Haus anbinden. Mit ein bisschen mulmigem Gefühl mache ich das. Nach dem Duschen und Chillen jagt mich der Hunger nochmal raus. Die Sonne ist weg und ich freue mich, Langarmshirt und Jacke dabei zu haben und heute Nacht mal nicht zu frieren. Zur Feier des Tages probiere ich jetzt doch noch dieses Fish & Chips.

4 Gedanke zu “Nummer Zwei nach Osten”
  1. Gratuliere!
    Hast mich mitgenommen mit Bildern und Beschreibung, vielen Dank. 600 Seiten Science Fiction weglesen. Fish & Chips Creme de la Creme.
    Zeugnis für allerbestes Raderlebnis.

    1. Danke, Stephan, für den Lobpreis. Hm, ob der Fisch zum allerbesten Raderlebnis beitrug – ich weiß nicht. Aber eine Menge neue Erinnerungen sind auf jeden Fall dazu gekommen. Und das ist schön.

  2. Liebe Alexandra,
    hach jetzt habe ich in einem Schwubbs deine Reise nachgelesen. Mein Reader aktualisiert interessanterweise deinen Blog nicht, sodass ich ganz übersehen habe, dass du regelmässig geschrieben hast. :/
    Aber so bekam ich eben einen zusammenhängenden Eindruck deiner Reise und der Erlebnisse. Ich bin echt beeindruckt – du hast so viel gesehen, ausprobiert, für gut befunden oder verworfen, dass es für 5 Urlaube reichen würde! Toll!! Auch wenn vieles nicht so toll war. Wie diese kleinen, schmalen von überwucherten Steinmauern eingefassten Straßen (die ich so liebe, allerdings bin ich auch noch nie auf denen geradelt), bzw. dem Autoverkehr darauf. So viele wunderschöne Erlebnisse direkt neben nervtötenden.
    Wie schon gesagt, ich bin beeindruckt, will unbedingt auch mal wieder nach Südengland, aber ich glaube nicht mit dem Rad. 😉

    1. Dein Reader kann nichts dafür, Doris. Ich habe die letzten Posts zurückdatiert, wegen der Dokumentation.
      Ich fand diese Art Straße auch mal gut, in Irland damals. Aber auf die Perspektive kommt es an. Danke fürs beeindruckt sein. Das tut gut.

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