Eigentlich könnte ich mal wieder einen Tourbericht schreiben. Kam schon länger keiner mehr auf diesem Kanal. Und das liegt gar nicht mal daran, dass ich nicht fahre. Im Gegenteil: Die Woche nach Pfingsten war ich viereinhalb Tage vom Saarland ins Schwabenland unterwegs. Das war schön und auch nicht. Jedenfalls hat es mich nicht sehr gedrängt, gleich davon zu erzählen und jetzt ist es zu spät. Eine Erkenntnis ist aber auf jeden Fall, dass Stuttgart und Esslingen ganz dringend was tun müssen, was die Situation für Radler dort grundlegend verbessert. Ich drück die Daumen, dass der Radentscheid ein Erfolg wird.
Nun aber zum Tourbericht. Wir waren mal wieder bei den Schwiecherleuten in Nordbayern. Der Mann hatte sich in den Kopf gesetzt die 300+ km-Strecke München – Rhön zu radeln. Am Stück. Der Sohn und ich durften den Besenwagen spielen. Tatsächlich haben wir ihn erst auf den letzten zehn Kilometern vor dem Ziel gesehen. Was auch daran lag, dass wir erst noch einen ganzen Tag Schule/Arbeit hatten und dann ordentlich im Stau standen. Das Ende der Story: Der Mann hat es geschafft, aber keine Lust mehr am nächsten Tag gleich wieder auf den Sattel zu steigen. Plane ich also alleine für mich. Mach ich ja eh gerne bzw. lieber. Ich weiß, was ich kann, was ich nicht kann und muss mich nicht stressen lassen.
Ausgangsort ist ein Kaff in der bayerischen Rhön nördlich von Bad Kissingen. Die Wasserkuppe oder die Hochrhönstraße erwäge ich nur kurz, ganz kurz. Dann fällt mir ein, dass Jochen in seinem Blog immer mal wieder das Sinntal erwähnt. Oha, ein Flussradweg. Das kommt mir doch mal entgegen. Die Sinn führt von Bad Brückenau südlich bis Gemünden, wo sie in die Saale und die beiden zusammen kurz danach in den Main münden.
Nach dem Frühstück mach mich gemütlich los. Die ersten fünfzehn Kilometer bis Bad Brückenau sind ein bisschen anstrengend, weil recht hügelig. Aber mit schönen Ausblicken, und mit ein paar Schiebungen komme ich gut hoch. In Bad Brückenau finde ich die Sinn und ihr Tal, muss aber erstmal ein bisschen Pause im Deutschen Fahrradmuseum einlegen. Dort scheint gerade Flohmarkt zu sein und super viele alte Rennräder stehen zum Verkauf. Ich ruf den Mann an, weil der trauert schon länger seinem ollen Renner aus Studienzeiten nach. Er will später hinschauen. Und ich fahre weiter durch das Sinntal. Schön ist es hier. Der Radweg fährt sich klasse, nur ab und zu durch den Wald, was ich nur von der Beleuchtung her schwierig finde.
Auf einem frisch geschotterten Weg rutscht mir das Hinterrad ordentlich weg, und schwupps, habe ich mir den Ohrwurm für den Tag eingefangen: Slip Sliding Away. Gut, dass ich den Song so gut kenne und somit mehr als nur den Refrain im Kopf mitsingen kann. Sonst wäre es vielleicht wirklich nervig.
Einzweimal wechsel ich auch auf die Straße, weil mir der Waldweg zu huppelig ist. Das war aber voll OK, weil eh nix los ist, weder auf der Straße noch sonstwo. Obwohl es Samstag ist.
In Zeitloffs bauen sie gerade einen neuen Radweg auf einer alten Bahntrasse nach Altengronau. Den Gleisresten nach zu schließen muss es sich um eine Spielzeugbahn gehandelt haben. Sehr schmalspurig. Überhaupt wird viel getan für die Radtouris dort. Alle naselang ein Rastplatz, manchmal sogar mit Fahrradständern. Nur das mit den Trinkwasserbrunnen könnten sie noch verbessern.
Dann bin ich auf einmal in Hessen (und merke es nicht mal) und es wird richtig sinnlich. Erst Markt Obersinn (heißt eigentlich Macht Obersinn), dann Mittelsinn, dann Unter… Nein, so platt sind sie dann doch nicht. Dann kommt Burgsinn. Schön dort und mit Eisdiele, was ich in dem Moment nicht so ganz zu schätzen weiß.
Mein Ziel ist es, in Gemünden ein Päuschen zu machen, dann weiter die Saale, die fränkische, flussaufwärts bis Hammelburg zu radeln. Dort sollte ich meine Familie treffen, die mich dann wieder mit hoch in die Rhön nimmt. Guter Plan, außer das im Mittelteil mit der Pause in Gemünden. Das entzieht sich mir nämlich durch vorzeitige Ausschilderung nach Hammelburg sowie durch die Saale, die den Weg versperrt. Egal. Fahre ich halt hier weiter. Inzwischen habe ich aber richtig Hunger. Proviant habe ich, genauso wie Helm, Pumpe und andere Sachen, daheim vergessen. Und auch diese Dörfer sind ziemlich leer. Und das, obwohl auf dem Saale-Radweg ganz schön was los ist. Große und kleinere Gruppen, mit und ohne E. Auch auf der Saale selbst geht es ab. In Kanus, Kanadiern oder Flößen. Laut und leise. Die Lauten hört man mehr.
Kurz vor Hammelburg will ich mich mit der Familie abstimmen, habe aber null Empfang. Das Wellnesshotel am anderen Flussufer bietet mir kurz sein WLAN an, überlegt es sich dann aber doch anders. Pfff.
Auf dem Weg in die Stadt Hammelburg rein kreuze ich noch die Thulba, deren Tal mich zu meinem Ausgangspunkt in die Rhön wieder hätte hoch geleiten können. Aber ich verzichte heute. Wäre eh nur ein endloses Geschiebe geworden. Ich suche mir also eines der Cafes auf dem Marktplatz aus. Bestelle Kuchen und Schorle und drücke den Ende-Knopf auf dem Garmin. Einen winzigen Tick zu früh, wie sich später rausstellt, denn jetzt habe ich nur 89,8 km auf der Uhr. Eine runde Zahl hätte ich schöner gefunden.
Fazit: Schöner Tag mit sehr schöner Radtour, auch an heißen Tagen gut zu fahren. Lustige Ortsnamen, keine Brücke ohne Nepomuk, tausend mehr oder weniger platte Wortspiele rund um die Sinn, von denen mir aber jetzt keine mehr einfallen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Links:
- Radentscheid Stuttgart (helft Ihnen, wenn Ihr könnt!)
- Deutsches Radmuseum Bad Brückenau
- Simon & Garfunkel: Slip Sliding Away
Liebe Alexandra,
macht Sinn, so eine schöne Tour zu fahren! 😉
Ja ok, der war etwas platt, aber irgendwie wollte ich auch noch was sinniges von mir geben…
Danke für die schönen Eindrücke und den wunderbaren Montagsohrwurm. Ich musste allerdings das Video bemühen, sonst hätte ich den Text nicht mehr zusammengekriegt! 😀
Hallo Doris, so ein Name verlockt schon sehr zu Wortspielen, kann ich verstehen. Und unplatte gibt es wahrscheinlich gar nicht. 🙂 Viel Spaß beim Singen. Und nicht vergessen: You know the nearer your destination | The more you’re slip slidin’ away!