Tag 14: Brighton 0 km

Mein Tag in Brighton, der Tag nach den Fish & Chips, beginnt wie ein typischer Touri-Tag. Ich schau mir Zeug an in Brighton, trinke einen Latte Macchiato irgendwo und komme am späten Nachmittag zurück ins Hotel. Mein Fahrrad ist noch da. Puh.

The Royal Palace

Am Abend holt mich meine Freundin Yvette ab. Wir kennen uns seit 34 Jahren und sehen uns alle paar Jahre. Das ist schon ganz schön schön. Yvette und ihr Mann Justin führen mich aus in einen Pub in den South Downs, eine Hügellandschaft nördlich der Küste. In der goldenen Stunde vor Sonnenuntergang glühen die Hügel regelrecht und der Blick ist weit.

South Downs

Wir reden über dies und das und alles und stellen fest, dass wir so ziemlich bei allem auf der selben Wellenlänge liegen. Und die Pläne für nach der Pensionierung haben wir auch schon abgestimmt. See you next time!

Tag 15: Brighton – Newhaven 18 km. Dieppe Fähre – Campingplatz 7 km

Mein Tagespensum für den nächsten Tag ist eher gemütlich. Um halb elf geht die Fähre im 18 km in entfernten Newhaven. Der Weg dahin ist krass hügelig. Er beginnt mit einem Stück „undercliff“ entlang so einer weißen Kreidefelsenkante wie in Dover. Das ist aber bald vorbei, und ich muss noch aufs Cliff und in den Gegensturm. Ist aber egal. Ich habe Zeit und die Aussicht ist ja schön. Eigentlich hatte ich die Reiseroute so geplant, dass ich mit der normalerweise vorherrschenden Wetterlage Rückenwind habe. Außerplanmäßig herrschte jedoch während meiner gesamten Reise Ostwind. Dafür bin ich sehr dankbar, denn der Ostwind hat vierzehn Tage Sonnenwetter gebracht (und arktische Nächte).

White Cliffs

Die Fähre von Newhaven nach Dieppe ist sowas wie eine Hintertür nach Frankreich. Sie ist klein und gemütlich. Und voller Radfahrer*innen. Große Gruppen von Rennrädern, ohne Gepäck. Ich vermute eine geführte Reise mit Gepäckwagen, damit die Englischen mal sehen, dass man Straßen auch glatt asphaltieren kann.

Auf der Fähre dauert es ein bisschen, bis ich einen Platz gefunden habe, der nicht total windig oder in der Windrichtung des Dieselschornsteins ist, aber dann vergehen die drei oder vier Stunden wie im Flug. „Drei oder vier“ sage ich, weil ich wegen der Zeitumstellung ein bissel verwirrt bin.

In Dieppe habe ich mir einen Campingplatz ausgesucht, die auch tatsächlich noch Platz für mein Zelt haben. Aber wow, der Unterschied zu den bisherigen Campingplätzen in England ist enorm. Die haben hier etwa drei Mal dichtere Belegung als auf der Insel.

Tag 16: Dieppe 0 km

Ich lese ein weiteres Tauschbuch, den Da Vinci Code von Dan Brown und hole mir dabei Einsichten über Paris und einen mords Sonnenbrand.

Tag 17: Dieppe Campingplatz – Bahnhof 8 km. Paris 17

Das Gewitter, was für die Nacht angekündigt war, ist ausgefallen. Dabei hatte ich das Zelt extra nochmal gesichert. Dafür beginnt es am Morgen zu regnen, als ich alles gerade weggepackt habe. Glück gehabt. Der Weg zum Bahnhof ist einfach, sogar für mich. Ich schaue nochmal am Meer vorbei, zunächst auch Augenhöhe, dann, nachdem ich die Klippe hochgekurbelt bin, von oben herab.

Regenjacke nicht umsonst

Der Zug nach Rouen ist mittelvoll, aber ich bin die einzige mit Rad. Als wir durch die Normandie rollen, sehe ich, dass es ganz schön anstrengend geworden wäre, hier zu radeln. Die hügelige Landschaft erinnert mich ein bisschen an die Eifel. Schiefergraue Dörfer in Tallöchern. In Rouen klappt das Umsteigen in den richtig vollen Schnellzug nach Paris, mein Rad findet seinen Platz. Ich verzichte auf meinen reservierten Sitzplatz und bleibe beim Rad auf dem Notsitz und lese den Da Vinci Code fertig. Sind ja nur noch ein paar Seiten und nur anderthalb Stunden.

Fahrrad hängt gut

Am Bahnhof Saint-Lazare sortiere ich mich, rufe meine Mutter an, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren, und wünsche mir von Google eine schöne Route zum Louvre. Wenn ich schon soviel über ihn gelesen habe gestern und heute, dann muss ich wenigstens mal vorbei und Hallo sagen.

Und natürlich bin ich gespannt auf die Radwege. Seit Anne Hidalgo Bürgermeisterin ist, liest man soviel über die Umgestaltung der Stadt weg vom Auto-zentrierten und hin zu mehr Fahrrad- und Fußverkehr. Und ich wurde nicht enttäuscht. Einfach mal ein extrabreiter Zweirichtungsradweg abgepollert und nur eine Autospur. Und überall in der Cité Tempo 30, Kilometer pro Stunde wohlgemerkt. Und viele viele auf dem Rad. Die meisten, scheint mir, auf den Leihrädern.

Geiler Radweg in Paris

Einiges am Umbau ist natürlich baulich gelöst worden, vieles aber einfach, schnell und kostengünstig durch Beschilderung: Einspurig oder gar Einbahnstraße für Autos, der freigewordene Raum für Räder markiert. Fertig.

Am Louvre klingelt es auf einmal wild und eine Radl-Demo fährt vorbei. Ich überlege nicht lange und fahre einfach mit. So bekomme ich eine schöne Tour bis zum Invalidendom. Und ein paar nette Gespräche, weil Leute auf Radl-Demos sind immer nett. Das weiß ich von daheim. 😄

Invalidendom im Hintergrund

Nach der Demo schenke ich mir die Kundgebung, weil ich eh nix verstehe, und mache mich die Seine entlang auf den Weg in mein Hotel. Hinter mir drohen dunkle Wolken ein Gewitter an, auf das ich keine Lust habe.

Mein Hotel ist eine halbe Stunde südlich der Cité und die Radwege werden hier etwas schmaler, aber sie sind immer noch da. Gut ausgeschildert und teilweise auch baulich getrennt.

Mein Radel übernachtet sicher im Gepäckraum. Ich kaufe noch Abendbrot und Proviant für morgen und gute Nacht!

Tag 18: Paris – München im Bus

Ich hatte das Hotel so gewählt, dass ich ganz nah am Busbahnhof bin. Abfahrt ist um elf, also habe ich viel Zeit. Alles läuft gut. Ich komme easy zum Busbahnhof, Fahrrad hängt sicher am richtigen Bus, in dem ich auch sitze und schon in fast 12 Stunden werden wir in München sein.

Bus farblich passend zum Rad

Das ist also das Ende meines Fahrrad-Urlaubs in England (und Holland und Frankreich). Vielen Dank für’s mitlesen und kommentieren. Bis demnächst.

Ein Gedanke zu “Das multinationale Finale”
  1. Wow, das grande finale! 😀
    Super gelöst – ich habe ja schon vor deiner Reise mal geschrieben, dass ich von deiner Organisation begeistert bin (ich bin in sowas ganz schlecht …). Am abenteuerlichsten erscheint mir ja der letzte Teil mit dem Bus – vermutlich, weil das Rad da außen dranhängt, statt irgendwo drinnen unter Aufsicht. War dir das gar nicht unangenehm? Und sogar die Regenjacke kam noch zum Einsatz, damit sie nicht umsonst mitgereist ist. 😉
    Wie geht es dir denn nach so einer Reise, wenn du daheim dann wieder aufs Alltagsradeln umsteigst? Genießt du das fehlende Gewicht der Taschen und die breiten Straßen, die du alle kennst oder fehlt dir das auf ein Ziel hinradeln?
    Gutes Wiederankommen im Alltag und ich hoffe und freue mich auf neue Berichte von dir auf diesem Kanal! 😀

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