Von Schönebeck nach Halle (Saale)

Höre auf den Rat erfahrener Radreisender.  Hätte ich mal.  Jochen von meinfahrradundich hat es mir neulich nochmal gesagt: Frag nie Eingeborene nach einem Radweg.  Hätte ich mal nicht.  Dann hätte der Weg nach Calbe (Saale)  nicht so ungemütlich und gefährlich an einer engen dicht befahrenen Straße angefangen.  Irgendwann emanzipiere ich mich von den Weganweisungen und suche mir meinen eigenen Weg durch die Felder an die Saale.  Dieser birgt jedoch Gefahren ganz anderer Art.  Heerscharen von Schnecken stellen sich mir in den Weg.  Anfangs versuche ich es noch mit Ausweichen,  doch die Rutschgefahr ist zu groß.  Was soll’s: Meine Nerven und meine Räder sind so hart wie valyrischer Stahl.  Ab heute nennt man mich The Slugslayer.

In Calbe hab ich sie dann,  die Saale,  und das gleich mit einer Fähre. Ich mag Fähren sehr.  Und heute bin ich wirklich auf meine Kosten gekommen.  Ich glaube,  ich habe so ziemlich jede Fähre zwischen Calbe und Halle mitgenommen.  Nicht immer planmäßig im Sinne des Saaleradwegs,  aber egal.

Der Saaleradweg ist sehr schön,  meistens guter Belag,  meistens direkt am Fluss und deshalb sehr beliebt.  Soll nochmal jemand sagen,  der Elberadweg sei befahren,  der soll sich mal den Saaleradweg ansehen. Dabei ist der an manchen Stellen gar nicht mal ohne.  Es geht wellig auf und ab.  Zusammen mit der brennenden Sonne (!)  schlaucht mich das schon sehr heute.

Die Landschaft ist inzwischen ganz anders,  gar nicht mehr norddeutsch,  keine Rhododendren mehr.  Der vorherrschende Geruch ist Raps und Kamille.  Rechts und links des Flusses begleiten Anhöhen den Weg.   Die Häuser in den Dörfern stehen wieder meist mit dem Giebel zur Straße,  die Vorgärten sind ordentlich eingezäunt,  Aldi ist allerdings immer noch Nord. Trotzdem kommt mir das ganze Ambiente vertraut vor.  Ich nähere mich der Heimat.

Und das ist auch ein Grund,  warum dies heute mein vorletzter Tag auf dem Rad ist.  Ich werde morgen noch nach Leipzig fahren,  was hier quasi ums Eck ist,  und dort in den Zug steigen.

Das beschließe ich schon relativ früh am Tag.  Aber ich will noch nach Halle.  Die Stadt interessiert mich und ich bin froh,  dass ich es noch geschafft habe.  Halle ist toll.  Das merke ich ganz schnell.  Die Ausstrahlung gefällt mir,  die Architektur,  die Geschäfte,  das Leben auf der Straße.  Lauter junge Leute.  Nicht weiter verwunderlich bei einer Universitätsstadt.

Ich will mehr sehen,  deswegen bewege ich mich  nach dem Restaurationsduschen  nochmal auf den Marktplatz.  Beim örtlichen Italiener bestelle ich statt der mir verordneten Pizza lieber Spaghetti.  Nebenan spielt ein Blechbläser-Ensemble Yesterday und meine Lieblings-Bach-Kantate (und einzige, die ich kenne).  Das ist schön.  Ein schöner Abschluss.

Aber natürlich gibt es morgen noch einen Post,  denn ein weiterer, wenn auch kleiner Flussradweg steht noch vor mir.  Und dann vielleicht noch einzwei Rückblick- oder Resümee-Posts.  Stay tuned.

Wenn Ihr,  liebe stummen MitleserInnen,  Fragen habt,  oder etwas zu sagen habt,  traut Euch,  hinterlasst einen Kommentar. Ich würde mich freuen!

Daten des Tages #21
Strecke 93 km
Zeit 6:00 h
Ø 15,4 km/h
Höhenmeter ↑ 392 m, ↓ 304 m
Track Strava
Flüsse Saale, Bode
Knüller des Tages Der Kuckuck, der mich auf der gesamten Reise begleitete. Er wird mir fehlen.

 

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7 Gedanke zu “Fast vorbei”
  1. Liebe Alexandra,
    still war ich ja nie, dafür begeistern mich deine Unternehmungen einfach zuviel. 😉
    Ach wie schön, du hast die Heimfahrt nun schon fest im Auge (oder gar schon angetreten) und und die Scheckenpopulation nördlich von MIlbertshofen atmet auf! 😀

  2. Liebe Alexandra,
    als bislang stille Mitleserin melde ich mich nun auch mal zu Wort!
    Ich kann mich nur anschließen: Es war sehr spannend, dich auf deiner Tour zu begleiten, morgens in der S-Bahn zu lesen, was dich am Vortag bewegt hat!

    Ich wünsche Dir für heute eine entspannte Etappe und eine angenehme Zufahrt gen Heimat!
    Lass Dir die Pizza schmecken und zehre noch lange von deiner Reise!

    Ich freue mich nun um so mehr auf unsere Weserradtour im Sommer, wobei diese im Vergleich zu deiner ehrgeizigen Tour ein Spaziergang werden wird!

    Alles Liebe und Gute aus der Pfalz!
    Judith

    1. Liebe Judith, der Weserradweg wird bestimmt ganz toll. Es gibt übrigens eine App dazu. Ich habe sie nicht gebraucht, aber sie scheint ganz nützliche Infos zu haben, dann könnt Ihr Euch den Reiseführer sparen. Vielen Dank auch nochmal für deine Gastfreundschaft. Bis im Oktober, Alexandra

  3. Liebe Alexandra,
    man hört Vorfreude und aber auch ein bisschen Wehmut raus. Ich denke deine Reise wird dir noch lang in Erinnerung bleiben. Und mir auch 🙂
    Tolle Landschaften hast du gesehen und tolle Geschichten erzählt.
    Es war sehr schön mit dir auf der Reise zu sein
    Liebe Grüße
    Helge

    1. Hallo Helge, die Vorfreude überwiegt. Ich bin jetzt fertig mit dem Urlaub und freue mich auf daheim. Und der nächste ist ja auch nicht mehr lang hin 🙂 Vielen Dank fürs „Mitreisen“. Alexandra

  4. Hut ab, vor Deinem Durchhaltevermögen! Viel gelernt habe ich von Dir in den letzten Wochen: übers Radfahren an sich, effiziente Schaumbäder, mutige Klebekünste, Schiffshebewerke, Emscher, Dinklitsch, Garmin und valyrischen Stahl. Tja, lesen büldet. Cool auch, dass Du Deine Palette um Pink(ie) erweitert hast.
    Ich werde das abendliche Schmökern, Schmunzeln und Mitfiebern vermissen und freue mich auf Dich und eine gemeinsame Pizza(!) in der Heimat, sobald Deine Regeneration beendet ist.
    Genieß‘ Deinen persönlichen Triumphspurt gen Leipzsch und die Vorfreude auf Deine beiden Männer.

    1. Dachte ich mir, dass dir Pinkie gefällt. 🙂 Das mit der Pizza ist gebongt. Eine Erkenntnis des heutigen Tages ist übrigens noch, dass es kein gutes italienisches Essen nördlich von Milbertshofen gibt. Bis denne.

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