Seit Freitag Abend hänge ich gespannt am Internet, um kleinen blauen Fähnchen zuzusehen, wie sie sich langsam auf einer Landkarte von Frankfurt/Main nach Berlin bewegen. Dahinter stecken etwas 70 Radfahrer und – fahrerinnen, die mit dieser Fahrt dem Flug der Rosinenbomber während der Luftbrücke huldigen. Die Fahrt nennt sich Candy B. Graveller und beginnt beim Luftbrückendenkmal in Frankfurt und endet bei seinem Pendant am Tempelhofer Feld.

Und dazwischen liegen 660 Kilometer Herausforderung, denn wie der Flugkorridor ist die Streckenführung auch eher geradlinig. Ohne Rücksicht auf Berge und ohne Berücksichtigung eventuell einfacher zu fahrenden Umwege, wie mir manchmal scheint. Die meisten Fahrer haben einen Chip implantiert, der sie auf einer Landkarte immer sichtbar macht. Namentlich verfolge ich Jochen , den ich schon aus dem RL kenne, bevor wir zu Bloggern wurden. Und Joas, den Kettenpeitscher, dessen Blog ich gerne lese, und der eine oder andere Name kam mir auch sonst noch bekannt vor.

Seit Freitag hänge ich also vor der Tracking-Seite, Twitter, Facebook, und Instagram und bekomme Eindrucksschnipsel vermittelt. Den Rest denke ich mir. Ich freue mich an der Liebe, mit der einige ihre Räder präparieren und präsentieren, wie sie sich vorbereiten oder auch nicht. Im Live Tracker, sehe ich zum Beispiel, dass die meisten, die erste Nacht durchfahren. Oder dass es Allein- und Rudelfahrer gibt, dass Tankstellen gerne als Stop dienen, dass es schnelle und sehr schnelle gibt. Der erste Teilnehmer erreicht übrigens Berlin nach 34 Stunden. Und das sind nicht 34 Stunden mit Garmin-Autopause, sondern alles zusammen seit Start und ohne Schlaf. Respekt.
Manchmal wundere ich mich über mich selbst. Andere tun das übrigens schon länger. Warum verfolge ich stundenlang, ja tagelang Menschen bei ihrem Tun? Weil es mich interessiert. Einfache Antwort. Zu simpel? Ich bin fasziniert vom Vorhaben an sich und der Durchführung im Speziellen. Neidisch auch. Nicht konkret jetzt hier, das ist zwei bis zwölf Nummern zu groß für mich, sondern eher auf die Erfahrung so etwas durchgestanden bzw. geschafft zu haben.

Ähnliches motiviert mich auch jedes Jahr zweimal mir einen kompletten Ironman anzusehen, Roth und Kona. Jan Frodeno und die Pros sieht man mit Live-Übertragung. Die Age Grouper bleiben nur Fähnchen oder Figürchen auf der Tracking-Website. So wie letztes Jahr Helge in Roth. Und was habe ich mir Sorgen gemacht, als sich ihr Figürchen nicht mehr von der letzten Versorgungsstation weg bewegte. Dabei war nur die Website hängen geblieben. So habe ich Ihren Zieleinlauf leider verpasst. Ein Refresh hätte Wunder gewirkt.
Das ist Stalking. Das warf mir mal jemand vor. Nein, sage ich. Das ist Konsumieren von freiwillig bereitgestellten Informationen. Zumal, wenn es sich um BloggerInnen handelt, die vorher, während und hinterher gerne über den Event schreiben, und sich über LeserInnen freuen. Ist es auch Stalking, wenn ich mir die Live-Übertragung im Fernsehen oder im Live-Stream ansehe? Nein, das ist Begeisterung eines Fans. Ich glaube auch, dass viele es auch einfach nicht verstehen, wenn man sich eine Sportveranstaltung ansieht, die acht Stunden und länger dauert. Und dafür auch noch den Wecker stellt.
Wie dem auch sei. Jetzt gratuliere ich erst einmal allen, die gestern und heute in Berlin angekommen sind oder bald dort angekommen sein werden. Das war heldenhaft! Und verrückt. Und ich freue mich für Euch und ich freue mich auf die Berichte in den diversen Blogs, wenn Ihr Euch erholt habt. Hut ab!
Links:
- Candy B. Graveller Website mit Vor- und Nachlese im Blog
- Tracking-Seite der Veranstaltung
- #CBG17 bei Instagram, Twitter, Facebook