Nur für Eingeweihte

Von Neustadt (Weinstraße) nach Mainz

Dieser Tag war ein schöner! Das Ausruhen gestern hat sich gelohnt, das merke ich schon beim Losfahren. Mein Weg führt mich zunächst durch die Weinberge der Pfalz, von Neustadt an der Weinstraße nach Worms. Die Wege sind ordentlich und gut ausgeschildert, sofern man die nächsten und übernächsten Dörfer kennt. Für Fernreisende wie mich ist die Beschilderung nichts, denn ich muss alle naselang schauen, ob das nächste ausgeschilderte Dorf auf meiner Route liegt. Und wenn ich mal nicht schaue, fahre ich lustige Haken in meinen Track. Ja, wenn ich nach Grünstadt gewollt hätte, wäre es einfach gewesen. Grünstadt war dauernd ausgeschildert, so  oft, dass ich schon mal nachgesehen habe, wieviele Grünstädte es wohl gibt.
Die Wege durch die Weinberge, und später auch Obstgärten und allerlei andere Äcker, sind entweder schön glatt asphaltiert oder sie bestehen aus Betonplatten. Dadumm Dadumm Dadumm.
Die Dörfer der Pfalz seien hier auch noch erwähnt: Sie sind schön und unbedingt eine Reise wert, wer sie noch nicht gesehen hat.
Nach gut zwei Stunden komme ich in Worms an. Ich kannte Worms nicht, wollte aber unbedingt mal hin, wegen Nibelungen und so. Jetzt war ich da. Ich fotografiere pflichtschuldig den Dom und mach mich wieder vom Acker. Ist mir zu laut und zu voll.
Wieder am Rhein, führt mich der Weg entlang der nicht so schönen Seiten des Flusses, nämlich den Industrieanlagen am Ufer. Die gibt es schon seit vor Karlsruhe, ich verschwieg sie nur bisher. Aber die eine sei erwähnt, nördlich von Worms, die produziert nämlich Hubba Bubba. Zumindest riecht es dort so.
Der Rhein macht hinter Worms einen komischen Knick, den ich mir schenke. Stattdessen kürze ich bis Oppenheim einfach ab. Nein, nicht einfach, sondern einfach schön. Der Weg, der Rückenwind, meine Kondition. Es macht Spaß.

Von Ferne sehe ich schon die mächtige Kirchenburg von Oppenheim und stelle mir vor, wie das wohl im Mittelalter war, als die Leute über Land gingen, lange nichts als Natur sahen und dann auf einmal so ein Riesenbauwerk. Das muss richtig beeindruckend gewesen sein. Ist es jetzt auch, obwohl der Obi davor das Panorama etwas stört.
Inzwischen merke ich, dass ich nicht mehr allein bin auf dem Rheinradweg. Immer mehr Einzelreisende und Gruppen mit Gepäck begegnen mir. Eine Gruppe alter russischer Männer auf alten russischen Rädern, mindestens acht oder so, halten mich an und fragen nach einem Campingplatz. Google kann helfen.
Überhaupt, Radwandern ist eine Alte-Leute-Sache. Soviele Rentner, meist in Rudeln auf Radeln, auch mit ernsthaft Gepäck. Wahrscheinlich sind es aber die steigungsfreien Strecken, die diese Altersgruppe anziehen. Auf einer Transalp wird das Publikum ein anderes sein. Ich hoffe, dass ich in zwanzig Jahren auch noch so fit bin, und bahne mir meinen Weg durch viele parkende Radelrentner.

Meine Jugendherberge-App meldet Vollbelegung in Mainz. Wenn dem so wäre, müsste ich weiter nach Bingen. Der Gedanke schreckt mich nicht. Ich rufe trotzdem in Mainz an und bekomme tatsächlich ein Einzelzimmer. Also nix mehr glauben, was das Internet sagt.
Ich dusche und fühle mich immer noch seltsam fit. Also beschließe ich, in die Stadt zu spazieren. Ich möchte unbedingt einen Bioladen und meine geliebten Ingwer-, Orange- oder Sanddornriegel finden. Sie fehlen mir schon sehr. Ich finde aber keinen Bio-Laden und muss mit dem nächsten Rewe vorlieb nehmen, kaufe ein bisschen Obst und, allerdings nur unter Protest, zwei Seitenbacher-Riegel. Ich finde diese Seitenbacher-Werbung so abgrundtief schlecht, dass ich deren Produkte vermeide. Aber wenn Corny die Alternative ist?
Auf dem Domplatz chatte ich noch ein bisschen mit meinen Männern, die auf Malle Urlaub machen, und mach mich auf den Heimweg. Noch eine halbe Stunde. Jetzt merke ich doch, was ich heute alles getan habe.

Daten des Tages #6
Strecke 102 km
Zeit 5:30 h
Ø 18,5 km/h
Höhenmeter ↑ 370 m, ↓ 411 m
Track Strava
Flüsse Rhein und etliche „Gräben“ in der Pfalz
Knüller des Tages Der Flow
2 Gedanke zu “Let it flow”
  1. Cool liebe Alexandra, das ist ja der Hammer. Du hast den Flow gefunden und willst gar nicht mehr aufhören zu radeln 🙂
    Es macht Spaß das zu lesen. Du bist ja gar nicht so weit weg von uns. Also das nächste mal musste unbedingt an der Mosel lang fahren und zu uns kommen 🙂
    Liebe Grüße
    Helge

    1. Ich bin in eurer Hauptstadt sozusagen. Und klar, wenn ich die Mosel fahre, sage ich Bescheid. Bescheid! Morgen in Koblenz ist ein Stückchen Moselradweg dabei, glaube ich 😉

Kommentare sind geschlossen.