Der große Tag für den großen Lauf. Allerdings nicht für mich, sondern für den Mann. Dauerlaufen kann er ja ganz gut, und mit Dauerüberreden habe ich ihn dann dazu gebracht, dass er sich beim München Marathon für die halbe Distanz angemeldet hat. Am Samstag haben wir seine Unterlagen abgeholt und ein bissel Großveranstaltungsduft auf der Messe geschnuppert (war ein bisschen stickig).
Am Sonntag um zwei war dann Start. Der Mann war vorher ganz schön aufgeregt. Ist ja sein erster Wettkampf seit hundert Jahren. Kann man verstehen. Er macht sich also auf zum Start, bequemerweise in der Nachbarschaft. Derweil suchen der Sohn und ich Anfeuerungsgeräuschmacher zusammen. Zum Glück hat der Sohn in den zehn Jahren seines Lebens schon eine große Sammlung an Trommeln, Rasseln, Ratschen und Trillerpfeifen zusammengetragen. So mussten wir nur die lautesten heraussuchen. Dann machen wir uns auf zu unserem ersten Anfeuerungspunkt kurz hinter dem Start. Auf dem Weg dahin kommen uns ein paar MarathonläuferInnen entgegen. „Was machen die denn noch hier? Der Marathonstart war doch schon vor Stunden?“

Wir hören den Startknall und kurz danach kommt die Herde schon angetrabt. Wir machen Krach und feuern an. Hier in der Vorstadt sind wir quasi die einzigen, die das tun. Der Mann/Papa hat sich netterweise durch Winken bemerkbar gemacht, sonst hätten wir ihn übersehen. Als er durch ist, schwingen wir uns auf die Räder, um zur nächsten Station zu kommen. Das Wetter ist grandios. Der Föhn ist entgegen aller Vorhersagen nicht zusammengebrochen und gibt nochmal sein bestes. Ich finde den Föhn im Oktober eine der besten Erfindungen. Schon immer.
Ludwigstraße, vor der Uni. Hier erwarte ich ja etwas mehr Trubel. War aber gar nicht so. Die ganze Ludwig- und Leopoldstraße war gesperrt, aber irgendwie sah es traurig aus – zuschauermäßig. Wenige hatten Krachgeräte dabei, einige haben geklatscht, aber dann haben ihnen bald die Hände weh getan. Ich finde, hier könnte München schon etwas mehr geben.
Immer wieder bekommen wir ein dankbares Lächeln von LäuferInnen, inzwischen ist der Marathon und der Halbmarathon gut durchmischt. Gianluca vom Team Bademeister aus Italien ist der schnellste Halbmarathonläufer. Er uns sein Teamkollege Vincenzo sind uns schon kurz nach dem Start aufgefallen. Überhaupt sind hier wirklich viele Italiener unterwegs. Vor drei Wochen kamen sie in Scharen zur Wiesn über die Berge zu uns und jetzt zum Stadtrundlaufen. Lustig. Aber warum es in der Emilia Romagna ein Team Bademeister gibt, werde ich wohl nie erfahren.
Als der Mann/Papa zum zweiten und dritten Mal an uns vorbeikommt und wir ihn angemessen angeschrien haben, steigen wir wieder auf die Räder. Diesmal können wir an der Laufstrecke entlang fahren. Leider haben wir am Anfang zu lange gezögert und so ist der Abstand zum laufenden Mann/Papa schon recht groß. Als ich denke, dass wir ihn fast eingeholt haben könnten, kommt die Meldung vom Sohn, dass er mal muss. Na toll.
Wir erledigen also das und machen uns dann in eigener Geschwindigkeit auf zum Olympiazentrum, wo im Stadion das Ziel ist.
Bis der Anruf vom Mann/Papa kommt, feuern wir noch eine Weile die LäuferInnen an. Viele sind dankbar. Manche laufen im Tunnel, wieder andere tun gelangweilt. Aber ich glaube, alle sind stolz und froh, dass sie es geschafft haben. Marathon oder Halbmarathon oder zehn Kilometer. Der Mann/Papa auch. Er ist 86. von fast fünfhundert in seiner Altersklasse geworden. Herzlichen Glückwunsch!

2 Gedanke zu “Lauf mit Längen: München Marathon”
  1. Glückwunsch an den Mann 🙂
    Der erste Wettkampf seit 100 Jahren und dann gleich so weit vorne in der AK. Man, was ein Naturtalent.
    Beneidenswert.

    Liebe Grüße
    Helge

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