Die Isländer, oder Wikinger, wie wir sie manchmal liebevoll nennen, mögen Wasser und sie mögen das Baden. Das kann man erstmal so festhalten. Im Großraum Reykjavik gibt es siebzehn öffentliche Schwimmbäder, für etwa hundertsechzigtausend Menschen. Macht etwa ein Bad für zehntausend Menschen. Zum Vergleich: In München teilen sich hundertausend Menschen ein öffentliches Schwimmbad.
Die Bäder, überwiegend Freibäder (beheizt), haben meist ein Schwimmbecken, nicht selten mit Fünfzigmeterbahnen. Und den Fun Pool mit oder ohne Rutschen, mit oder ohne Schwimmbretter, Bälle und Schwimmnudeln. Und dann noch zusätzliche Heißkochtöpfe von 38 bis zu 44 Grad, für die ganz harten. Auf unseren Fahrten über Land haben wir in fast jedem Kaff ein Bad gesehen, und seien es auch nur ein paar Bahnen und ein Becken zum Abhängen und Sozialisieren. Es ist übrigens Usus, sich vor dem Baden richtig zu waschen, ohne Badeanzug an und mit Seife. Ein großes Plakat am Eingang markiert die fünf wichtigen Stellen, die auf jeden Fall gewaschen werden müssen. In den Duschen gibt es dafür Seifenspender und Wachpersonal. Fun Fact am Rande: Bei TripAdvisor haben wir folgende schlechte Bewertung eines Bades diesbezüglich von einer US-amerikanischen Familie gefunden: …too many naked adults in and out of the showers that freaked out our teenage children. Und mich hat eine amerikanische Touristin gefragt, ob sie denn nach dem Baden schon wieder nackig duschen müsse. Ich war nett und habe es ihr erlassen, allerdings darauf hingewiesen, dass die Algen aus dem Naturbad schon nicht so schön auf der Haut sind, wenn sie mal trocknen.
Unser Zweittauschheim in Hveragerdi, einem Kurort, der bekannt ist für sein heißen Quellen, hatte sogar einen eigenen Badetopf auf der Terrasse, der mit dem Wasser der heißen Quellen hinterm Haus gefüllt wurde. Das Wasser hatte lauschige vierzig Grad. Die Eigentümer hinterließen den guten Rat: Falls uns das zu warm sei, könnten wir ja den Deckel auflassen und warten bis es abkühlt. Pah. Natürlich können wir da mithalten, und wir bleiben im Wasser, bis alles ganz schrumpelig ist. An dem Tag war Sturm und Regen, also blieb uns eh nicht viel anderes übrig.
In Hveragerdi dampft es überall aus dem Boden und es gibt das berühmte Reykjadalur, das Rauchtal. Eine Stunde den Berg hoch, zu Fuß oder zu Pferde, vorbei an kochendem und fürchterlich stinkendem Schlamm, zum heißen Fluss. Ein Bach, der aus einer heißen Quelle und einem kalten Bergbach entsteht. Vor und direkt nach dem Zusammenfluss ist das Wasser noch um die fünfzig Grad heiß, schätz ich mal. Es wird dann immer angenehmer, weil seitlich immer wieder Kaltwasser zufließt. Die Badenden regeln also die Wassertemperatur, indem sie die passende Entfernung zur Quelle wählen.
Obwohl es wirklich viele richtige Schwimmbäder gibt, und der Eintritt auch gar nicht so teuer ist, gibt es nicht so viele „richtige“ Schwimmathletinnen. Deshalb haben sie hier ganz schön viel Wirbel um Eygló Ósk Gústafsdóttir und Hrafnhildur Lúthersdóttir gemacht, die es neulich bei den Olympischen Spielen bis in ein Finalrennen geschafft haben. Das kommt wohl nicht so oft vor. Meine Theorie: Die Wikinger liegen lieber im heißen Wasser und bewegen sich möglichst wenig darin. Erstens, weil das Wasser heiß ist und zweitens ist das Leben hier eh schon hart genug.
Linguistische Randbemerkung: Becken oder Bad heißt auf isländisch laug, dort wo man so richtig schön auslaugen kann. Und Samstag ist Badetag: laugardagur.
Links:
- Swimming in Reykjavik
- Olympic Swimmers from Iceland (Liste mit neunzehn AthletInnen. Eygló Ósk gewann übrigens nicht nur bei den Spielen der Kleinen Staaten von Europa einige Medaillen.
- Hveragerdi und Reykjadalur
Gibt es was schöneres, als sich bei 8° Außentemperatur und Regen durch die warmen Becken treiben zu lassen? (Erinnerungen kommen hoch…) 😉
Hallo, Ihr Lieben!
Eigentlich müsste es ja „Bad Island“ heißen, oder? –
Genießt eure Zeit in der Ferne, erholt euch gut und bringt zu unserem Treffen Anfang Oktober viele schöne Fotos mit 😉! LG Judith
Hallo Judith, sind schon wieder auf dem Sprung ins Laugardalslaug zum Schwimmen und Plantschen. Wahrscheinlich haben wir Schwimmhäute, wenn wir wieder kommen.