Von Köln nach Duisburg-Marxloh

Köln am frühen Samstagmorgen auf der Rheinpromenade: Fest in Frauenhand. Noch nie habe ich so viele Joggerinnen gesehen,  relativ gesehen.  Schön. Kurz hinter der großen Stadt wird es schnell ländlich.  Der Weg führt auf dem Deich entlang,  der Rückenwind weht ordentlich.  Nur Rennräder sind schneller als ich.  Insgesamt bin ich erstaunt über meine Kondition.  Dass sie in einer Woche so zugelegt hat.  Anstiege,  Brücken oder so,  hätte ich vor einer Woche noch geschoben,  jetzt schaffe ich sie sogar,  wenn ich mich verschaltet habe und im falschesten Gang trete.  Erstaunlich.

In Dormagen suche ich etwas für den Magen (sorry,  lausiges Wortspiel).  Ich bin zwar noch satt,  weil ich mir am Frühstücksbuffet den Bauch vollgeschlagen habe,  aber es ist Samstag und morgen Sonntag,  und verhungern will ich nicht.  Bäckereien haben sie einige in der Fußgängerzone von Dormagen,  doch als ich nach einem Obstladen frage,  werde ich an den netto verwiesen.  Nach Bio frag ich dann erst gar nicht weiter.  Nagut,  wird sich schon noch was ergeben.  Rosinenbrötchen und Brezen habe ich auf jeden Fall schon mal.

Mir gefällt es hier.  Pferde auf Weiden,  Bauernhöfe,  Wind,  Wiesen. Das gab es weiter südlich auch,  aber jetzt auf einmal kommt es mir wie Urlaub vor.  Ich habe wirklich überhaupt keine Eile.  Als die Fähre bei Zons drei vier Frachter vorbei lassen muss,  und es ein paar Momente dauert,  finde ich das nur schön.

Auch noch,  als ich nach Düsseldorf reinkomme.  Die Stadt gefällt mir auch.  Sie ist nicht außergewöhnlich schön,  aber mit Flair.  Und schöne Radwege.  Allerdings finde ich es komisch,  dass viele Düsseldorfer Frauen an ihren Hollandrädern einen Korb mit Plastikblumen dran haben.  Das habe ich daheim noch nie gesehen.

In Düsseldorf verfahre ich mich sowas von,  und so kommt es,  dass ich zweimal an dieser riesigen Menschenansammlung vorbei beziehungsweise durch muss,  von der ich erst dachte,  es sei eine Manga Convention. Später lerne ich,  dass heute Japan-Tag in Düsseldorf ist,  und die Manga-Leute nur ein Beiwerk.  Genervt von meiner Verfahrerei  stürze ich mich auf die erste Brücke,  die mich weg bringt von den Massen,  und ich lande in Neuss.  Und auf einem brandneuen Radweg,  der mich autobahnmäßig nach Krefeld katapultiert. Vorbei an alter und neuer Industrie,  großen Namen wie Bayer und einigen anderen Namen,  die ich mir eigentlich merken wollte.  Es riecht nach wässrigen Bindemitteln (weiß ich,  weil die Firma so hieß),  nach Brot oder einfach nur nach Stallmist auf dem Feld. Aha, das Ruhrgebiet.

Noch in Düsseldorf habe ich mir mein Telefon leer telefoniert,  um ein Bett in Xanten zu finden, aber nix war.  Ich wäre wirklich gerne heute Nacht dort gewesen.  Aus Prinzip.  Einen anderen Grund gibt es eigentlich nicht. Weil ich mir das so eingebildet habe.  Aber jetzt gibt es ein paar Gründe,  die mich eventuell umdenken und vielleicht doch morgen schon nach Osten abbiegen lassen.  Einer ist das Wetter, ab morgen mittag wird es gewittrig,  ein anderer ist das Schiffshebewerk,  das ich gerne sehen möchte.  Bisher war es einfach,  immer den Rhein runter.  Keine Optionen.  Jetzt muss ich mich entscheiden.  Morgen wissen wir mehr.

Jetzt bin ich übrigens in Duisburg.  Ganz anders als ich sie mir vorstellte,  viel weiter,  grüner. Aber die Radwege sind eine Katastrophe meistens.  Ganz schmal und über die Jahrzehnte immer wieder geflickt.  Zwei Stunden brauche ich fast vom Südende zu meiner Pension im Norden.  Ja,  man hätte das optimieren können,  wenn man heute nachmittag schon gewusst hätte,  was man will.  Aber das saß man noch auf einem Ponyhof bei Erdbeerkuchen und  Apfelschorle und hatte keine Lust sich zu entscheiden.  So suche ich mir erst recht spät eine Pension auf booking.com,  und die war halt nochmal am anderen Ende.  Im Erstversuch lasse ich mich von Google Maps durch die Stadt führen.  Kopfhörer rein und versprechen,  dass ich trotzdem noch auf den Verkehr achten werde, und los.  Das klappt super.  Das werde ich in Zukunft öfter machen, anstatt an jeder Ampel auf die Karte schauen,  ob ich noch richtig bin.

Links
Daten des Tages #9
Strecke 109 km
Zeit 6:20 h
Ø 17,4 km/h
Höhenmeter ↑ 616 m, ↓ 660 m
Track Strava
Flüsse Rhein, Ruhr
Knüller des Tages Diese herrlich weichen Rosinenbrötchen
8 Gedanke zu “Der Südwind macht’s”
  1. Dafür hat es mich von Ostsachsen nach Sachsen-Anhalt getrieben. Von der Spree ins Weltnatuerbe Saale-Unstrut. Ganz ohne Rad allerdings, aber der Radweg war heute bei strahlendem Sonnenschein sehr belebt. Wäre was für Deine nächste Tour. Oder Du kommst mal eben rüber. Bei Deinem Tempo bist Du morgen hier. Und ich buch Dir ein Zimmer in meinem entzückenden Lsndhotel 🙂
    Liebe Grüße, Sabine

    1. Liebe Sabine, Saale und Unstrut wären das Sahnehäubchen meiner Tour, wird aber wohl zeitlich nicht mehr hinhauen. Aber freut mich, dass ich schon mal weiß, dass es dort schön ist. Viel Spaß weiterhin! Bin schon gespannt, was du für Perlen an Gärten und Landhotels ausfindig machst. Viele Grüße, Alexandra

      1. Hallo Alexandra, ok, ich sammle Tipps für Dich. In einem Punkt habe ich mich aber vertan: Die Region ist noch kein Weltnaturerbe, sie arbeiten noch daran.
        Liebe Grüße, Sabine

  2. Liebe Alexandra,
    wow, was für extreme Unterschiede! Menschenmassen, leere Radwege, die Architektur und Häuser, Wiesen und Pferde.:)
    Ich finde, Erdbeerkuchen auf einem Ponyhof entschuldigt alle nicht getroffenen Entscheidungen! 😀

    Ich musste jetzt erst mal auf der Karte nachsehen, wohin es dich jetzt genau getrieben hat. Die Strecke dem Rhein entlang kannte ich ja so ungefähr, jetzt lässt mich mein geographisches Wissen etwas im Stich. Ich bin gespannt, wie es weitergeht! 🙂

    1. Ach ich weiß nicht, so ein bisschen Bürgerlichkeit würde mir jetzt gerade ganz gut tun. Waschmaschine und Trockner z. B.

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