Laut Schild: Hobelbank

Am schönsten finde ich es, ein offizielles Ziel für eine Radtour zu haben anstatt nur einfach in der Gegend herum zu fahren. Und das war gestern gegeben und zwar so:

Der Sohn verbringt in diesem und im nächsten Schuljahr ziemlich viel Zeit auf einem Bauernhof. Achtmal fünf Tage, in denen die Kinder außerschulisch lernen, wie es heißt. Die Kochgruppe kümmert sich um fünf Mahlzeiten für die Arbeitsgruppen. Die Tierversorgungsgruppe versorgt die Schafe und sammelt die Eier aus dem Hühnermobil. Sie werken und werkeln, sie lernen über Landwirtschaft und Gemüse und lauter Zeug, was das typische Stadtkind nicht automatisch mitbekommt. Und Kinder kommen weg von daheim und lernen Selbständigkeit. In den ersten beiden Wochen hat sich jeder auch noch einen sensationell schönen Grünholzhocker gezimmert, was uns Eltern wirklich stolz machte. Damit wir Eltern sehen, wo unsere Kinder sind und  was sie machen, während wir daheim die sturmfreie Bude genießen, gab es ein Hoffest.

Siebzig Kilometer von daheim Richtung Berge am Kochelsee. Perfekte Strecke für das Rad. Der Sohn organisiert sich eine Mitfahrgelegenheit, ich backe noch schnell den obligatorischen Elternkuchen, packe ihn zusammen mit ein paar Zivilklamotten dem Sohn zum Mitnehmen ein, und dann fahren der Mann und ich los. Drei Stunden haben wir Zeit. Die halbe Stunde Puffer ist leider schon verpufft bevor wir wegkommen.

Garmin Edge zeigt das Ziel an. LOS!

Überhaupt ist es ein etwas holpriger Start. Ich habe die Strecke mit Komoot geplant und auf das Navi geladen. Weil das Navi neu ist, ich nur Bedienungsanleitungen schreibe aber selbst keine lese, und weil ein komplexes Gerät halt doch nicht selbsterklärend ist, verwerfen wir die Komoot-Route schon an der übernächsten Ecke und lassen das Garmin selbst rechnen. Der Mann, von Natur aus skeptisch, stellt unangenehme Fragen, das Garmin zeichnet sich nicht durch Ortskenntnis aus, und ich, mit eigenem Plan im Kopf, bin von beiden genervt. So kommt es auch, dass ich die Piste durch den Perlacher Forst nicht so richtig genießen kann, obwohl es mir da sonst eigentlich eher Spaß macht.

Zwischen Wolfratshausen und Beuerberg auf dem Bahndamm

Aber irgendwann wird es besser, die Sonne scheint, das Rad rollt gut, und der Mann verzichtet auf skeptische Fragen nach dem Weg. Muss er auch nicht, denn bald sind wir in Wolfratshausen und ab da geht es nur noch der Loisach entlang bis Schlehdorf. Kann man nicht viel falsch machen.

Idylle unter bayrischem Himmel, mit Bergen im Hintergrund

Wegen eines klitzekleinen Umwegs, der uns doch noch passiert ist,  kommen wir auch nur eine halbe Stunde zu spät. Macht aber nix, das Kuchenbüffet ist noch voll und die Ansprachen und Führungen haben  noch nicht begonnen. Passt.

Sehr genossen habe ich übrigens den Respekt der anwesenden Miteltern. Für die Nichtradler war es glattweg unvorstellbar, diese 75km-Strecke in drei Stunden bzw. überhaupt geschafft zu haben. Die Radfahrer konnten es einschätzen und würdigen, und der eine Radsportler nickte nur zustimmend. Wenn man die Jökelei durch die Stadt abzieht, waren wir auch wirklich schnell unterwegs. Und das bergauf. Und ich habe meine 50km-Bestzeit um fast zwei Minuten unterboten. Training hilft und es hilft auch, wenn man wirklich sehr ungern zu spät kommt und sich dann nochmal extra anstrengt, damit die Verspätung nicht zu schlimm wird.

Den Rückweg wollen wir auch fahren. Das wäre dann eine Tagesleistung von 140 Kilometer. Absoluter Rekord. Leider kommen wir erst recht spät los, die Beine sind nicht mehr so frisch wie am Morgen noch und daheim wartet Besuch auf uns, so dass wir beschließen nur die knapp vierzig Kilometer bis Wolfratshausen zu fahren und dort die S-Bahn bis heim zu nehmen. Auch gut, besonders das Gefühl, dass ohne Zeitdruck auch noch der Rest der Strecke drin gewesen ist. Ich denke, die 150 Kilometer Tagesleistung fallen bald.


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